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Grundwassernutzungsverbot Herten-Langenbochum

zeichen_bergbauDieses befindet sich im Abstrom der ehemaligen Schachtanlage Schlägel & Eisen 3/4/7. Die Bodenbelastungen auf dem Gelände der Schachtanlage und die Grundwasserverunreinigungen liegen grundsätzlich in der Zuständigkeit der Bezirksregierung Arnsberg.

Der Landrat des Kreises Recklinghausen ist als untere Bodenschutzbehörde dafür zuständig, Belastungen in Brauchwasserbrunnen zu bewerten. Aufgrund der bestehenden Grundwasserverunreinigung wurde mit dem Erlass der Allgemeinverfügung vom 03.07.2015 eine Untersagung der Grundwassernutzung vorgenommen.

Die nun gewählte Form der Allgemeinverfügung wird in gleichgelagerten Fällen als zulässiges ordnungsrechtliches Mittel auch vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen akzeptiert.

Durch die Allgemeinverfügung entsteht kein Ersatzanspruch der betroffenen Anwohner, da durch die Maßnahme die Personen und das Vermögen der Geschädigten selbst geschützt werden (§ 39 Ordnungsbehördengesetz -OBG-). Es besteht darüber hinaus nach geltendem Wasserrecht grundsätzlich auch kein rechtlicher Anspruch auf die Nutzung von Grundwasser, auch nicht auf eine bestimmte Qualität oder Wassermenge.

Den aktuellen Sachstand können Sie folgenden Links entnehmen:

> Allgemeinverfügung

> Lageplan

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Geschichtlicher Hintergrund

Am 25. August 1873 wurde die Gewerkschaft Schlägel und Eisen gegründet. 1897 wurde Schacht 3, 5 Jahre später Schacht 4 und 1937 Schacht 7 in Betrieb genommen. Die Kokerei sowie die Nebengewinnungsanlagen wurden ab 1903 in Betrieb genommen. Nach dem kriegsbedingten Einbruch der Förderleistung wurde die Kohleförderung an mehreren Standorten aufgegeben, auf der Anlage 3/4/7 ab Mitte der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts dafür jedoch intensiviert. Zum Ende des zweiten Weltkriegs wurde die Kokerei aufgegeben. 1969 ging die Zeche in die damals gegründeten Ruhrkohle AG auf. Ab 1990 wurde auf Schlägel & Eisen 3/4/7 keine Kohle mehr gefördert, sondern unter Tage zu anderen Verbandsanlagen befördert.

10 Jahre später, im Jahre 2000, endeten sämtliche bergbaulichen Aktivitäten auf der Fläche in Langenbochum. Im Rahmen der Abwicklung eines bergrechtlichen Abschlussbetriebsplanes wurden seitdem im Auftrag der Ruhrkohle Montan Immobiliengesellschaft (RAGMI) und parallel auch von der E.ON, umfangreiche Erkundungen des Grundwasserschadens betrieben. Dies geschah sowohl auf der unter Bergaufsicht stehenden Fläche als auch auf der südwestlich, außerhalb der Bergaufsicht befindlichen Fläche der E.ON. Auf dieser Fläche befanden sich Nebenanlagen der Kokerei.

Untersuchungen

Stand: Juni 2016

Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang auch unterschiedliche Grundwasserfließrichtungen, die durch eine Grundwassserscheide mittig der ehemaligen Gesamtbetriebsfläche verursacht werden. Nördlich hiervon fließt das Wasser in nordwestliche Richtung, südlich hiervon in südwestliche Richtung. Bei den durchgeführten Untersuchungen wurden erhebliche Kontaminationen im Grundwasserleiter festgestellt, die in westlicher und nordwestlicher Richtung weit über die ehemalige Bergbaufläche hinausgehen. Im Jahre 2013 wurde in der Schadstofffahne ein Maximalgehalt von 1.000.000 µg/l PAK gemessen. In den übrigen Messzyklen lagen die Maximalgehalte für PAK zumeist zwischen 1.000 und 20.000 µg/l, zuletzt mit abnehmender Tendenz.

Im Jahre 2003 wurde erstmals im näheren Umfeld des Kokereigeländes ein Empfehlungsschreiben an die Anwohner der Mühlenstraße verteilt, da diese im direkten Abstrom des kontaminierten Grundwassers leben. Dieses Schreiben enthielt neben der Empfehlung, Grundwasser nicht zum menschlichen Gebrauch zu nutzen auch die Bitte, möglicherweise vorhandene Hausbrunnen zu benennen.

Nach umfangreichen Voruntersuchungen zur Bestimmung des vertikalen und horizontalen Schadensausmaßes haben RAGMI und E.ON auf der E.ON-Fläche im Januar 2010 gemeinsam eine Grundwassersanierungsanlage in Betrieb genommen. Dieser Anlage wird aus drei Sanierungsbrunnen kontaminiertes Grundwasser zugeführt. Das Rohwasser weist Gehalte an Benzol von durchschnittlich 1.200 µg/l und PAK von 1.800 µg/l auf. Durch diese Einrichtungen wird ein weiterer Austrag von Schadstoffen aus der Quelle unterbunden. Das belastete Grundwasser im Bereich der ehemaligen Kokereianlage wird abgefangen und über Aktivkohle behandelt. Das abgereinigte Wasser wird über die städtische Kanalisation abgeführt.

Im Jahre 2010 meldete ein Anwohner, der außerhalb der bislang gutachterlich kartierten Schadstofffahne wohnt, dass sein Brauchwasserbrunnen ebenfalls Spuren von Teerölbelastungen aufweist. Die Bezirksregierung Arnsberg ist federführend zuständig für die Abwehr von Gefahren, die von Anlagen und Grundstücken des Bergbaus ausgehen. Für das Abwehren von Gefahren, die von der Nutzung von Brauchwasserbrunnen ausgehen, sieht sich die Bergbehörde auf der Basis des geltenden Bundesberggesetzes nicht in der Verantwortung.

Daher wurde im April 2011 durch den Kreis als zuständige Bodenschutzbehörde außerhalb von Bergaufsichtsflächen eine erneute Hauswurfsendung auch in einem größeren Umkreis durchgeführt. Die Anwohner wurden gebeten, Brauchwasserbrunnen zu melden, damit diese von hier untersucht werden können. Gleichzeitig wurde auf mögliche Risiken bei der Grundwassernutzung hingewiesen.

Es wurden im ersten Schritt 8 Hausbrunnen ausgesucht und auf kokereitypische Schadstoffe untersucht. Dabei wurden zum Teil erhebliche Kontaminationen festgestellt. Der Maximalgehalt für Benzol lag bei 1.100 µg/l, für PAK bei 538 µg/l. Offenkundig hat der Schaden eine deutlich größere Ausdehnung, als bislang gutachterlich angenommen wurde. Die Anwohner wurden entsprechend informiert.

In einem nächsten Untersuchungsschritt wurden im Jahr 2013 weitere 9 Hausbrunnen untersucht, bei denen ebenfalls stark erhöhte Schadstoffgehalte festgestellt wurden. Da die am höchsten belasteten Brunnen im Randbereich des bis dahin abgefragten Bereichs lagen, wurde das Gebiet, in dem per Hauswurfsendung nach Brauchwasserbrunnen abgefragt und vor den Risiken einer Grundwassernutzung gewarnt wurde, deutlich erweitert. Nach Auswertung der Rückmeldungen wurden 11 weitere Brauchwasserbrunnen untersucht. Lediglich in einem dieser Brunnen wurde eine Schadstoffbelastung festgestellt.

Die Ergebnisse der Brauchwasserbrunnen wurden der E.ON und der RAGMI sowie der Bezirksregierung Arnsberg und der Stadt Herten zur Verfügung gestellt. Gegenüber den Firmen E.ON und RAGMI wurde seitens des Kreises Recklinghausen wiederholt angeregt, im Rahmen des laufenden Grundwassermonitorings dem nunmehr bekannt gewordenen Ausmaß durch die Errichtung zunächst 10 weiterer Grundwassermessstellen nachzugehen.

Diese sind vor allem im nördlichen Abstrombereich des Grundwassers geplant. So soll das Ausmaß der Schadstoffahne im Bereich des Wohngebiets weiter eingegrenzt werden. Auch im Bereich der Sanierungsanlage soll zeitnah ein weiterer Brunnen gesetzt werden. Sobald die Brunnen niedergebracht sind und die damit ermittelten Daten ausgewertet wurden, soll über das weitere Verfahren entschieden werden.

Häufige Fragen

Warum erfolgte erst im Jahr 2015 die Grundwassernutzungsuntersagung?

Bereits 2003 wurde auf eine mögliche Gefährdung bei der Nutzung des Grundwassers im näheren Umfeld der Schachtanlage hingewiesen. Erst jetzt aber sind die vorliegenden Informationen ausreichend, um das Gebiet hinreichend genau abgrenzen zu können. Es hat jedoch in der Vergangenheit immer eine zeitnahe Mitteilung der Untersuchungsergebnisse gegeben, wenn Hausbrunnen durch die untere Bodenschutzbehörde untersucht wurden. Bei erhöhten Schadstoffgehalten wurde den Brunnenbesitzern empfohlen, die Grundwassernutzung einzustellen.

Ab welchen Werten werden Untersagungen ausgesprochen?

Es gibt keine fest definierten Grenzwerte für Brauchwasser. Soweit möglich werden die Werte der Trinkwasserverordnung herangezogen, die aber auch nur einen Anhaltspunkt liefern können. Diese Werte legen einen lebenslangen, regelmäßigen Kontakt mit Wasser zugrunde, was bei einer Brauchwassernutzung nicht gegeben ist. In Herten-Langenbochum stellt sich momentan die Situation so dar, dass es eine relativ scharfe Grenze zwischen hoch belasteten und unbelasteten Brunnen gibt und keine langsame Abnahme der Schadstoffgehalte. Konkrete Werte, ab denen die Grundwassernutzung untersagt wird, mussten daher behördlicherseits nicht festgelegt werden.

Wann wird die Untersagung zurückgenommen?

Die Untersagungsverfügung kann aufgehoben werden, wenn von der Nutzung des Wassers keine Gefahr mehr ausgeht. Eine genaue Zeitangabe ist nicht möglich. Es ist zu erwarten, dass das Grundwassernutzungsverbot einen langen Zeitraum bestehen wird.

Wer trägt die Kosten für die Errichtung der Grundwassermessstellen?

Die Kosten für die Maßnahmen werden von E.ON und der RAG Immobilien GmbH getragen.

Ich habe das Wasser genutzt - Was ist jetzt mit mir?

Da die Nutzung des Brauchwassers in der Regel nur sporadisch und nicht als Trinkwasser erfolgt ist eine körperliche Beeinträchtigung eher unwahrscheinlich.

Warum darf ich nicht mal meinen Rasen damit sprengen?

Es soll jedwede Verlagerung der Schadstoffe an die Oberfläche und der menschliche Kontakt mit dem belasteten Wasser ausgeschlossen werden. Bei der Bewässerung einer Rasenfläche kommt der Nutzer durch Ausgasungen der Schadstoffe und durch Hautkontakt mit dem Brunnenwasser durchaus intensiv mit dem Grundwasser in Kontakt.

Wie lange wird das Wasser belastet bleiben?

Diese Frage kann derzeit nicht beantwortet werden. Ein Ende ist nicht abzusehen.

Mein Nachbar auf der anderen Straßenseite hat einen Brunnen - und ich darf kein Grundwasser nutzen. Was bedeutet das für den Brunnen des Nachbarn?

Sofern Ihr Nachbar außerhalb des Verbotsgebietes wohnt, ist dies unproblematisch. Die Grenzziehung kann nie zu 100 % die exakte Belastungsgrenze abbilden. Außerhalb des Verbotsgebietes ist aber davon auszugehen, dass das geförderte Grundwasser nach aktuellem Kenntnisstand frei von kokereitypischen Belastungen ist.

Ist eine Erdwärmenutzung möglich?

Eine Erdwärmenutzung ist grundsätzlich möglich, solange kein Grundwasser gefördert wird. Nähere Informationen erhalten Sie bei der unteren Wasserbehörde des Kreises Recklinghausen.

Wie tief liegt das Grundwasser?

Der Flurabstand, d.h. der Abstand zwischen Geländeoberkannte und der Oberfläche des Grundwasserleiters, beträgt ca. 10 m.

Wohin fließt das Grundwasser?

Das Grundwasser fließt vom Standort der ehemaligen Zeche und Kokerei Schlägel & Eisen 3/4/7 sowohl in südliche, südwestliche als auch in westliche und nördliche Richtung.

Gibt es Ausgasungen aus dem Wasser, die mich belasten?

Das Grundwasser steht ca. 10 m unter Geländeoberkante an. Ausgasungen, die bis zur Kellersohle reichen, sind nicht zu erwarten.

Werden vom Grundwasser oberirdische Gewässer belastet?

Die im betroffenen Bereich bekannten Oberflächengewässer haben nach derzeitigem Kenntnisstand keine Grundwasseranbindung. Belastungen sind daher nicht zu erwarten.

Ich habe einen Brunnen im Randbereich und im Abstrom der Belastung. Was soll ich tun?

Sollten Sie einen uns bislang unbekannten Brunnen haben und innerhalb des Grundwassernutzungsverbots oder außerhalb in der Nähe der Verbotszone wohnen, wird um einen Hinweis hierüber gebeten. Sollte sich die Lage und der Ausbau anbieten, würden wir eine Grundwasserprobe nehmen, um so weitere Anhaltspunkte über das Ausmaß der Schadstoffausbreitung zu erhalten. Über das Ergebnis dieser für Sie kostenlosen Untersuchung werden Sie schriftlich informiert.